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„Abenteuerliches“ Berichten

Nadine Metzner 0 Bildung Inklusion Internationale Wochen gegen Rassismus Menschenrechte

Wer kennt das nicht...Nach dem Abitur oder Studium reisen viele der Freundinnen und Freunde in die Ferne um was neues, aufregendes zu erleben. Einen Reiseblog gibt es meistens obendrein und gratis noch dazu. Oft sind diese aber klischeehaft und wenig reflektierend.
Das ASA-Programm bietet daher Seminare zum rassismuskritischen, diskriminierungssensiblen Umgang mit Bildern und Sprache.

Annika kehrt von ihrer Reise durch Tansania zurück, zeigt Fotos, teilt Bilder auf sozialen Netzwerken und erzählt von „dem“ Afrika. Kriege, Katastrophen und Krankheiten. Und dennoch sind alle Menschen „dort“ so glücklich. Annika in einem Meer von scheinbar hilfsbedürftigen schwarzen Kindern. Das ASA-Programm versucht durch seine Seminare und andere Angebote wie die ASA-Foto-Stories genau solche Geschichten zu verhindern – Geschichten, die das klischeehafte, koloniale Bild von anderen Kontinenten und Ländern des Globalen Südens reproduzieren und festigen.

Im ASA-Programm werden die Teilnehmenden während der Seminare und der drei- oder sechsmonatigen Projektpraktika angeregt, eine bewusste und sensible Haltung einzuüben, die globale Zusammenhänge machtkritisch und diskriminierungssensibel reflektiert. Diese Selbstreflexion soll die eigene Handlungsfähigkeit stärken und die Teilnehmenden ermutigen, sich für eine global nachhaltigere und gerechtere Welt zu engagieren.

Das ASA-Programm bietet verschiedene Möglichkeiten, sich selbst auszuprobieren und Feedback zu bekommen. Mit den ASA-Foto-Stories lädt das Programm seine Teilnehmenden dazu ein, sich mit den eigenen Stereotypen auseinanderzusetzen und eine diskriminierungssensible, rassismuskritische Sprache und Wahrnehmung zu finden (?). Die Teilnehmenden werden dazu angeregt, subjektive Filter beim Schreiben, Fotografieren und Filmen zu erkennen und den eigenen Umgang mit Stereotypen und Rassismen zu reflektieren. Auch dieses Jahr ruft das ASA-Programm seine Teilnehmenden und Ehrenamtlichen dazu auf, Fotografien, Kurzfilme sowie Lyrik und Prosa zum Jahresthema einzureichen. Sie erhalten ein ausführliches Feedback von einer interdisziplinär zusammengesetzten Jury aus dem künstlerisch-kreativen und bildungspolitischen Bereich sowie dem ASA-Netzwerk.

2018 werden kreative Gedanken zum Thema „Handel oder Handeln?“ gesucht. Die Teilnehmenden werden eingeladen, globale Zusammenhänge in den Blick zu nehmen, koloniale Kontinuitäten zu thematisieren und einen eigenen kritischen Umgang damit zu finden. Eine Hilfestellung dafür ist der Code of Conduct on Images and Messages, den das ASA-Programm zur Verfügung gestellt hat.

Aber was bedeutet das konkret? Annika ist von Anfangs maßgeblich an der Zeichnung eines differenzierten oder undifferenzierten Afrikabildes –hier am Beispiel von Tansania – beteiligt. Wurden die Personen, die auf den Bildern zu sehen sind, gefragt, ob sie fotografiert werden wollen? Wurden nur Extreme fotografiert oder wird auch das tägliche Leben in Tansania gezeigt? Dienen die Fotos nur der Selbstdarstellung und Profilierung vor Freundinnen und Freunden, Familie und Bekannten zu Hause oder steht Begegnung im Mittelpunkt? Wurde nur von Elend berichtet oder auch über großartige Initiativen und Organisationen, die sich für eine bessere Welt einsetzen?

Die Bilder und Erzählungen, die wir von unseren Reisen mitbringen, sagen oft mehr über uns selbst aus als über Andere. Versuchen wir uns (bewusst oder unbewusst) als bessere, überlegenere, gebildetere Menschen darzustellen? Oder sind wir tatsächlich neugierig, was Menschen vor Ort zu erzählen haben, tauschen uns auf Augenhöhe aus und lernen voneinander?

Weiterführende Links

Einreichungen von Teilnehmenden der ASA-Foto-Stories

Clara Helene Ramin

Foto: Clara Helene Ramin, ASA-Foto-Stories 2017 zum Thema Klima.Wandel.Gerechtigkeit

Es ist 18 Uhr. Feierabendverkehr. Die Straßen sind voll, laut. In den Bussen stapeln sich die Menschen, Autos verstopfen die Straßen. Alle sind auf dem Weg nach Hause, wollen so schnell wie möglich ankommen. Doch der Verkehr spielt verrückt, es geht nicht vor und nicht zurück. Die Menschen sind gestresst und müde, eingesperrt im überlasteten Straßennetz. Wusstest du, dass weltweit über 1,6 Milliarden Autos gefahren werden? Dass der Verkehrssektor für rund ein Fünftel der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich ist? Dass die Luftverschmutzung in Großstädten außerdem unter anderem zu Herz-Kreislaufbeschwerden, Atemwegsproblemen, Nervenkrankheiten und Stress führt? Und, dass die Bevölkerungsgruppen, die kein Auto besitzen, am meisten darunter leiden? Botschaften wie diese Hauswand in Valparaíso zeigen einen Weg, sich aus dem Abgasalbtraum zu befreien: Das Fahrrad. Auch wenn das Fahrrad längst nicht das überwiegende Transportmittel in lateinamerikanischen Großstädten ist, findet derzeit vielerorts ein Wandel statt. Das Fahrrad symbolisiert hier, meinem Empfinden nach, nicht nur ein ökonomisches und sportliches Transportmittel; es ist zu einem politischen Instrument geworden, mit dem soziale und räumliche Gerechtigkeit gefordert wird. Während das Fahrradfahren erheblich dazu beiträgt, die allgemeinen Ziele für eine Nachhaltige Entwicklung zu erreichen, steht es gleichzeitig auch für Aktivismus, Autonomie und Agilität. Es repräsentiert einen neuen Lebensstil und transformiert ganze Städte, indem es die Straßen humanisiert und Enthusiasmus fördert, um friedliche und gerechte Räume zu gestalten. Immer mehr Menschen in Lateinamerika – darunter viele Frauen – holen das Fahrrad runter auf die Straßen, schließen sich ‘ciclopaseos‘ und Fahrradbewegungen an und beweisen, dass Wandel, Gerechtigkeit und Klimaschutz mit Deinem Fortbewegungsmittel anfangen kann.

Andreas Demler

Foto: Andreas Demler, ASA-Foto-Stories 2016 zum Thema Bewegungsfreiheit

Bruja – ein chilenischer Systemkritiker, der sein derzeitiges Denken und Handeln der Hinterfragung von Privilegien und Machtstrukturen widmet. Durch intime Einblicke in sein (Innen-)Leben versucht er zur reflektierten Auseinandersetzung mit Kapitalismus, Klassismus und Kolonialismus anzuregen. Obwohl er (m)eine okzidentale Herkunft samt Kultur, Strukturen und Werten grundsätzlich ablehnt, nimmt er proaktiv Kontakt zur westlichen Welt auf und lädt zum Austausch auf Augenhöhe ein. In der abgelichteten Situation spricht er mit meinem Tandempartner und mir über (s)einen nachhaltigen Weg sich etwas finanzielle Bewegungsfreiheit zu verschaffen: dem Lehmbau. Das Gespräch schweift von Permakultur über Autokonstruktion hin zu seiner Vision: durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit um dem Naturwerkstoff eine nachhaltige, finanzielle Existenzgrundlage schaffen, um sich so für das alltägliche Überdierundenkommen stark und für seine Ansichten mobil machen zu können. Langsam glaube ich seine Realität zu verstehen und spüre, dass er sich nicht nur seiner, sondern vor allem auch meiner Bewegungsfreiheit weitaus bewusst ist, als ich selbst: Einer Wirklichkeit mit mehr Privilegien und weniger Hürden. Allein die Möglichkeit in seiner Küche sitzen und an diesem Gespräch teilhaben zu können führt mir die Privilegien meiner Herkunft und die damit einhergehenden, quasi uneingeschränkten und fast selbstverständlichen Freiheiten meines deutschen Pass vor Augen. Nur: Nutze ich sie verantwortungsbewusst und weise?

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