Einen Platz gefunden in der Kommunalverwaltung

Nafez Omar 0 Bildung Kommunen Syrien

Wie ist eine deutsche Kommunalverwaltung organisiert? Welche Abläufe greifen ineinander und wie wird ein Projekt dann schließlich umgesetzt? Einblicke in den Verwaltungsalltag der Stadt Krefeld bekam der Syrer Nafez Omar im Rahmen des Projekts „Qualifizierung von syrischen Geflüchteten in deutschen Kommunalverwaltungen“ der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt. Nach einem zwölfmonatigen Praktikum hat er nun genau dort eine Ausbildung als Vermessungstechniker begonnen.

Nafez Omar steht vor einer Vitrine

Wie ist eine deutsche Kommunalverwaltung organisiert? Welche Abläufe greifen ineinander und wie wird ein Projekt dann schließlich umgesetzt? Einblicke in den Verwaltungsalltag der Stadt Krefeld bekam der Syrer Nafez Omar im Rahmen des Projekts „Qualifizierung von syrischen Geflüchteten in deutschen Kommunalverwaltungen“ der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt. Nach einem zwölfmonatigen Praktikum hat er nun genau dort eine Ausbildung als Vermessungstechniker begonnen.

Mit einem bisher einzigartigen Projekt bietet die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global deutschen Kommunen inhaltliche und finanzielle Unterstützung bei der Qualifizierung von syrischen Geflüchteten in der Kommunalverwaltung an. Ziel des Vorhabens ist die Vorbereitung von nach Deutschland geflohenen Syrerinnen und Syrern auf eine Mitwirkung am zukünftigen Aufbau demokratischer Verwaltungsstrukturen in ihrem Heimatland.

Einer von ihnen ist der heute 25-jährige Nafez Omar und eine der sieben Kommunen, die sich schon in den Jahren 2018 und 2019 am Modellprojekt beteiligte, ist die Stadt Krefeld. 2015 floh der damalige Student von Syrien über die Türkei nach Deutschland und landete zunächst in Moers am Niederrhein. Hier erfuhr er vom Projekt, bewarb sich und konnte als einer von deutschlandweit 25 Praktikantinnen und Praktikanten für zwölf Monate die Verwaltungsabläufe der Stadt Krefeld kennenlernen.

Zwei Jahre später hat die SKEW mit Nafez Omar gesprochen. Für ihn hat sein Praktikum, das er in den verschiedenen Abteilungen des Fachbereichs Vermessungs- und Katasterwesen absolviert hat, neue berufliche Perspektiven eröffnet. Die Arbeit hat ihm so gut gefallen, dass er sich bei der Stadt Krefeld erfolgreich für eine Ausbildung als Vermessungstechniker bewarb. Im Interview haben wir ihn nach seinen Eindrücken und Erfahrungen gefragt. Und wir wollten wissen, ob er sich vorstellen kann, mit seiner beruflichen Qualifikation eines Tages beim Aufbau von kommunalen Strukturen in Syrien mitzuhelfen.

1. Herr Omar, Sie haben als einer von acht Syrerinnen und Syrern ein Praktikum in der Krefelder Kommunalverwaltung absolviert. Das Praktikum hat für Sie sicherlich Türen geöffnet. Was waren in dieser Zeit Ihre wichtigsten Erfahrungen und Erkenntnisse?

Zu Beginn meines Praktikums hat mich die Verwaltung überfordert – es gab so viele neue Aufgaben, so viele festgelegte Abläufe. In Syrien hatte ich so gut wie keine Berührungspunkte mit Verwaltung oder Behörden. Hinzu kam am Anfang die Sprachbarriere. Doch alle Kolleginnen und Kollegen haben sich vom ersten Tag an um mich gekümmert und meine Fragen beantwortet. Sie gaben mir den Rat, die vorgegebenen Arbeitsabläufe immer nur Schritt für Schritt und Aufgabe für Aufgabe abzuarbeiten. Dieser Tipp hat mir danach immer wieder geholfen und ich konnte mich gut einarbeiten. Irgendwann habe ich gemerkt, dass meine Meinung als Mitarbeiter gefragt ist. Das hat mir sehr viel Selbstvertrauen gegeben!

2. Gemeinsam mit den Praktikantinnen und Praktikanten aus den anderen Modellkommunen haben Sie Ihre Lernerfahrungen in der Kommunalverwaltung reflektiert. Welche kommunalen Praktiken haben Ihnen besonders gut gefallen? Würden Sie diese, wenn das möglich wäre, gerne auch in Syrien umgesetzt sehen?

Wir haben uns insgesamt drei Mal mit allen 25 Praktikantinnen und Praktikanten zu Erfahrungsaustauschen getroffen. Das war wirklich wichtig. Diese fanden auf Deutsch und Arabisch statt und wir konnten uns gegenseitig von unserer Arbeit und unseren Erfahrungen berichten. Ein Kollege hier aus Krefeld hat sein Praktikum im Bereich Stadtmarketing gemacht. Gemeinsam mit dem Fachbereich Migration und Integration haben sie das Kochbuch „Geschmacksache Krefeld" zusammengestellt mit Rezepten und Geschichten von Menschen aus 65 Ländern. Außerdem gefiel mir ein Projekt, in dem es um die Begrünung des öffentlichen Raums ging. Mehr Bäume in der Stadt würde ich auch gerne in Syrien sehen.

3. Haben Sie sich durch das Praktikum beruflich neu orientiert? Was hat Sie nach dem Praktikum bewogen, sich für eine Ausbildung bei der Stadt Krefeld zu bewerben?

Vor meiner Flucht hatte ich in Syrien ein IT-Studium begonnen. Das Vermessungswesen habe ich erst durch mein Praktikum kennengelernt. Mir gefällt der Beruf des Vermessungstechnikers, weil er trotz mancher bürokratischer Abläufe sehr abwechslungsreich ist. Wir arbeiten immer in einem Team und mal im Innen-, mal im Außendienst, das heißt, ich bin auch für die Arbeit oft unterwegs und lerne meine Kollegen und meine Umgebung noch besser kennen.

4. Glauben Sie, dass Sie Ihr in Krefeld erworbenes Know-how irgendwann in Ihrem Heimatland einsetzen können?

Wenn ich meine Ausbildung bei der Stadt Krefeld beendet habe, möchte ich in meinem Beruf als Vermessungstechniker arbeiten und noch mehr Erfahrungen sammeln. Da sehe ich mich erst mal in Deutschland. Doch natürlich hoffe ich, dass sich die politische Situation in Syrien irgendwann ändert. Es wäre toll, wenn sich das hier Gelernte dann in irgendeiner Form auch auf den syrischen Kontext übertragen ließe und mein Know-how dort geschätzt werden würde.

Qualifizierung von syrischen Geflüchteten in deutschen Kommunalverwaltungen

Die erste Praktikumsrunde im Modellprojekt der Initiative „Kommunales Know-how für Nahost“ (IKKN) der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) startete im Zeitraum 2018/ 2019. Wie Nafez Omar vertiefen nun einige der 25 ehemaligen Praktikantinnen und Praktikanten ihr Wissen als Auszubildende oder Angestellte in den Verwaltungen.

An der aktuell laufenden zweiten Projektphase 2020/ 2021 beteiligen sich erneut fünf Kommunen – wieder absolvieren 17 Syrerinnen und Syrer ein zwölfmonatiges Verwaltungspraktikum in einem Berliner Bezirk, zwei Städten und zwei Landkreisen.

Kontakt

Jennifer Ichikawa
Telefon +49 (0) 228 20 717- 2348
E-Mail: jennifer.ichikawa@engagement-global.de

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