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Von großen Worten und kleinen Taten

Severin Caspari 0 Globalisierung

Die Entwicklungszusammenarbeit steckt voller schwieriger Begriffe. Wie lassen sich vor allem junge Menschen trotzdem von den Ideen für eine nachhaltige und gerechte Welt überzeugen? Das ist eine der Herausforderungen der ZukunftsTour. Severin Caspari ist Teil des ZukunftsTour-Teams bei Engagement Global und berichtet von den Erfahrungen der ersten acht Veranstaltungen.

Die ZukunftsTour wirbt für Nachhaltige Entwicklung in Deutschland

Nachhaltigkeit. Globale Wertschöpfungsketten. SDGs: Was für Praktiker der Entwicklungszusammenarbeit Alltagssprache ist, ist für die meisten Menschen zweifellos schwere Kost. Wer kennt sie nicht, die skeptischen und fragenden Blicke, wenn man im Gespräch auf ein entwicklungspolitisches Thema kommt: Was geht mich das an? Da können wir doch eh nichts ändern.

Entwicklungspolitische Bildungsreferentinnen und Kommunikatoren wissen deshalb: Im entwicklungspolitischen Feld werden nicht nur Brunnen, sondern auch die sprichwörtlich dicken Bretter gebohrt. Globale Bildung ist eine Herkulesaufgabe. Gleichzeitig ist die Vermittlung von Wissen über globale Zusammenhänge und die Sensibilisierung für die Folgen des eigenen Handelns heute wichtiger denn je. Nachhaltige Entwicklung ist nur möglich, wenn sich auch an Verhaltens- und Konsummustern Vieler etwas ändert – auch wenn die Fokussierung auf das persönliche Handeln Politik und Wirtschaft nicht aus der Verantwortung entlassen.

Der Minister Müller steht in einer Gruppe Jugendlicher
Entwicklungsminister Müller bei der ZukunftsTour in Hamburg: Foto: Jörg Müller

Die ZukunftsTour ist ein Versuch in diese Richtung. Sie ist Teil des Zukunftscharta-Prozesses des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und verfolgt das Ziel, die Ideen und Ansätze der Charta in die Breite zu tragen. Das ZukunftsTour-Team bei Engagement Global organisiert die Veranstaltungen 2015 und 2016 in allen Bundesländern. Von organisatorischer Seite wäre es keine EZ-Veranstaltung, wenn nicht noch viele weitere Partner einen Beitrag leisten würden: das Entwicklungspolitische Forum der GIZ, die Landesnetzwerke, die Landesregierung und natürlich das BMZ selbst.

Die Zukunftswerkstatt aus Workshops, Lernstationen und Ausstellungen lebt vom Engagement vieler Vereine und Initiativen aus der jeweiligen Region. So entsteht das Programm in jedem Bundesland neu und ist in jeder Stadt immer ein bisschen anders. In der Politikarena – in der sich Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft austauschen – stehen konkrete Lösungen im Bundesland im Vordergrund: Was können wir vor Ort für eine nachhaltigere und gerechtere Welt tun?

Die wichtigste Zielgruppe der Zukunftswerkstatt sind Schülerinnen und Schüler – und die sind bekanntlich gnadenlos, wenn es langweilig wird und ihre Rolle allzu passiv bleibt. Letztlich eine sehr ehrliche Form des Feedbacks, die wir als Ansporn für abwechslungsreiche Veranstaltungen sehen. Und in der Tat bringen die Akteure viele spannende Ideen und Beiträge ein, die den Jugendlichen einen verständlichen und spielerischen Zugang zu globalen Herausforderungen ermöglichen und konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzeigen.

Wir haben beispielsweise häufig Beiträge zum Thema Fairer Handel, die sich mit Konsumgütern befassen, die vor allem für viele junge Menschen einen besonderen Stellenwert haben, so wie Handys und Kleidung. Die Jugendlichen erfahren so etwas über die Herkunft der Rohstoffe und die oftmals ausbeuterischen Produktionsbedingungen unter denen die Menschen am Anfang der Lieferkette arbeiten müssen. Aber auch was sie konkret daran ändern können: Ein anderes Shoppingverhalten kann genauso ein Beitrag sein, wie der Einsatz für fair gehandelte Produkte an ihrer eigenen Schule.

Ein Redner zwischen Jugendlichen
Bei der Zukunftswerkstatt. Foto: Andreas Henn

Wie begeisterungsfähig sind die Schülerinnen und Schüler also? Wir beobachten, dass es unter den Jugendlichen ein großes Bewusstsein für Ungerechtigkeiten gibt. Auch die Notwendigkeit den Klimaschutz zu intensivieren findet viel Zuspruch, während das Schicksal der vielen geflüchteten Menschen, die derzeit in Europa Schutz suchen, sehr emotional besetzt ist. Sucht man mit ihnen das Gespräch äußern die Jugendlichen dabei auch die Bereitschaft an ihrem eigenen Verhalten etwas zu ändern, faire Produkte zu kaufen oder den Ressourcenverbrauch einzuschränken.

Auf der anderen Seite sehen sie aber auch die Politik klar in der Pflicht: Die Bedingungen für Flüchtlinge müssten verbessert und die Bemühungen bei der Energiewende intensiviert werden. Zudem äußern sie Ansprüche die klar machen, dass sie mit einem reinen Appell an das Gewissen nicht zu ködern sind: Faire Klamotten ja, aber dann sollen diese auch gut aussehen. Modebewusstsein sticht Gerechtigkeitsempfinden.

Informations- und Bildungsarbeit bleibt deshalb wichtig, wenn die kürzlich von der internationalen Staatengemeinschaft beschlossenen Ziele für Nachhaltige Entwicklung erreicht werden sollen. Auch dieses Thema kam auf der ZukunftsTour zur Sprache. So forderten etwa Vertreterinnen und Vertreter der Entwicklungspolitischen Landesnetzwerke, globales Lernen stärker im Curriculum der Schulen zu verankern.

Natürlich geht es am Ende nicht darum Fachbegriffe aus der EZ-Welt bekannter zu machen. Vielmehr sollten positive Geschichten von nachhaltigen Projekten erzählt werden, die das stärken, was Pädagogen als „Selbstwirksamkeits-Erwartung“ bezeichnen: Den Glauben daran, dass ich etwas (ändern) kann. Vielleicht sind es nicht die großen Worten, sondern die (vielen) kleinen Taten, die am meisten bewirken.

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