• Inklusion

„All inclusive“ -­ Ist Ihr Arbeitsplatz bereits inklusiv?

Stefan Zollondz 0 Inklusion Wirtschaft

Woran denken Sie als erstes wenn Sie das Wort „Inklusion“ hören? Ich nehme an, Sie verbinden damit die Frage, wie Menschen mit Behinderung besser in unsere Gesellschaft integriert werden können, richtig?

Inklusion betrifft allerdings weit mehr Menschen, als diejenigen, die mit einer Behinderung leben. Inklusion betrifft alle Menschen und löst die Grenzen zwischen Menschen mit und ohne Behinderung auf. Es geht nicht um ein integrieren einer gesellschaftlichen Gruppe in eine andere, sondern um ein inkludieren.

Aber was bedeutet das und worin liegt der Unterschied zu Integration?

Mit dem Begriff „Inklusion“ beschreiben die Soziologen Talcoat Parsons und Niklas Luhman die Idee einer Gesellschaft, in der jeder Mensch akzeptiert wird und gleichberechtigt und selbstbestimmt an dieser teilhaben kann – unabhängig von Geschlecht, Alter oder Herkunft, von Religionszugehörigkeit oder Bildung, von eventuellen Behinderungen oder sonstigen individuellen Merkmalen.

Es geht also nicht ausschließlich um Menschen mit Behinderung, sondern es geht um jeden einzelnen Menschen mit seinen persönlichen Eigenschaften, seinem Hintergrund und seinen Überzeugungen. Für ein Unternehmen, dass sich mit dem Thema Inklusion beschäftigt geht es daher nicht ausschließlich darum, rollstuhlgerechte, barrierefreie Arbeitsplätze zu schaffen, sondern allen Beschäftigten zu ermöglichen, sich als Person mit allen ihren Eigenschaften in das Unternehmen einbringen zu können. Je besser das gelingt, desto besser können die Beschäftigten sich und ihre Ressourcen einbringen und so zum Erfolg des Unternehmens beitragen.

Doch wie gelingt es Unternehmen eine solche Umgebung zu schaffen?

Gehen wir dazu einen Schritt weg vom abstrakten Begriff der Inklusion und richten wir den Blick auf die Unternehmens-Kommunikation.

Ein gezeichneter Baum mit den Wörtern Aktivitäten und Strukturen.
Whole System Change, Bild 1

Für Außenstehende lassen sich zunächst Aktivitäten und Strukturen eines Unternehmens erkennen. Diese setzen sich aus dem individuellen Verhalten der Beschäftigten und dem vorgegebenen kollektiven Verhalten des Unternehmens in Form von Regeln, Dienstanweisungen, Leitbild etc. zusammen.

Oftmals treten hier Konflikte auf, wenn das vom Unternehmen geforderte kollektive Verhalten nicht mit dem individuellen Verhalten übereinstimmt.

Die Wurzeln für diese Konflikte liegen unsichtbar unter der Oberfläche verborgen:

Über den Wurzeln des Baumes steht VOrannahmen, Werte, Sinn und Zweck
Whole System Change, Bild 2

Hier stoßen die unterschiedlichen Charaktere der Beschäftigten auf die Unternehmenskultur und wenn es keine Übereinstimmung der individuellen Werte und Überzeugungen mit den kollektiven Werten und Überzeugungen des Unternehmens gibt, kommt es zu Konflikten.

Viele Unternehmen sind der Meinung, dass bei einem Konflikt als erstes die Strukturen verändert werden müssen und sich diese Veränderungen dann auch positiv auf die Aktivitäten auswirken und wieder Ruhe einkehrt.

Das ist allerdings ein Trugschluss.

Ein solcher Konflikt kann nur auf der Ebene der Werte und Überzeugungen gelöst werden. Es geht darum, im Dialog zwischen Geschäftsleitung und Beschäftigten den Sinn und Zweck des Unternehmens und die damit verbundenen Werte gemeinsam festzulegen und sich über die damit verbundenen Vorannahmen bewusst zu werden.

Erst dann können ggf. Strukturen verändert werden, die sich wiederum positiv auf die Aktivitäten und das gesamte Betriebsklima auswirken.

In Bezug auf die oben genannte Definition des Begriffs Inklusion wird ein inklusives Unternehmen so zu einer Gesellschaft, in der jeder Mensch akzeptiert wird und gleichberechtigt und selbstbestimmt an dieser teilhaben kann.

Der Baum ist beschriftet mit den Wörtern Aktivitäten, Strukturen, Vorannahmen, Werte, Sinn und Zweck
Whole System Change, Bild 3

Hier noch einmal das ganze System im Überblick.

Ein erfolgreiches Unternehmen wird zunächst seinen Sinn und Zweck genau definieren und die damit verbundenen kulturellen Werte ermitteln. Anschließend wird es prüfen, welche Vorannahmen mit dem Sinn und Zweck und den kulturellen Werten korrespondieren und anschließend die Unternehmensstruktur aufbauen und aktiv werden.

Bis hierhin sind damit allerdings nur die kollektiven, unternehmerischen Werte und Überzeugungen berücksichtigt und für diese ein kollektives Verhalten definiert.

Der entscheidende Schritt in Richtung Inklusion findet erst statt, wenn die linke Seite bestehend aus den individuellen Werten und Überzeugungen und dem damit verbundenen Verhalten mit berücksichtigt wird.

Klingt utopisch! Warum sollte ein Unternehmen das tun?

Über Jahrzehnte spielte das Thema Mitbestimmung in Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle. In den vergangenen Jahren hingegen entwickeln sich die Wirtschaft und im Nachzug auch die Sozialwirtschaft und der dritte Sektor immer schneller und müssen immer anpassungsfähiger werden.

Immer weniger Fachkräfte stehen dem Markt zur Verfügung und immer öfter müssen sich die Unternehmen um diese KräEe bewerben und nicht mehr wie früher umgekehrt. Damit verbunden sind Zugeständnisse an familienfreundliche Arbeitszeiten, Mitbestimmung, Gehälter etc.

Aber was die einen Unternehmen als Zugeständnis empfinden, entdecken andere Unternehmen gerade als Chance für sich und als zukünftigen Wettbewerbsvorteil. Inkludierte, engagierte Beschäftigte bringen sich und ihre Arbeitsleistung in einem wesentlich höheren Maße ein und tragen damit zum Erfolg des Unternehmens bei. Das neue System führt dazu, dass mehr Ideen aus den Reihen der Beschäftigten entwickelt werden und der Innovationsgrad des gesamten Unternehmens steigt.

Gleichzeitig ist eine größere Zufriedenheit bei den Beschäftigten zu erkennen, die in einem höheren Maß an Identifikation mit dem Unternehmen und einer niedrigeren Fluktuationsquote messbar wird.

Wenn Sie sich jetzt auf die Suche nach Beispielen für solche Unternehmen begeben und dabei den Begriff „Inklusion“ verwenden, werden Sie sicherlich eher auf erstaunte Minen, als auf Verständnis stoßen. Denn auch bei den Unternehmen ist die Idee der Inklusion in der von mir beschriebenen Form meistens noch nicht bewusst angekommen, obwohl sie oftmals bereits unbewusst gelebt wird. Beschrieben wird sie allerdings eher als kulturelle Werteorientierung, Leitbild oder interne Kommunikation.

Aus meiner Sicht zählt letztendlich das Ergebnis in Form von Menschen, die sich an ihrem Arbeitsplatz entsprechend ihren Eigenschaften entwickeln und einbringen können und damit zu einer Vielfalt beitragen, die zukunftsgewandte Unternehmen auf einen erfolgreichen, nachhaltigen Kurs bringen.

Wie ist Ihre Meinung dazu?

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