Digitale Dynamik für das entwicklungspolitische Engagement?

Richard Brand 0 Digitalisierung Entwicklungszusammenarbeit

Digitales Engagement ist einer der drei Themenschwerpunkte bei der Woche des bürgerschaftlichen Engagements vom 14. bis zum 23. September 2018, die vom Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) organisiert wird. Da lag die Idee nicht fern, beim September-Treffen der AG Internationales des BBE, in der Engagement Global mitarbeitet, sich mit den Chancen der Digitalisierung für das entwicklungspolitische Engagement zu beschäftigen.

Entwicklungspolitisches Engagement findet immer mehr online statt.

Bei der Vorbereitung zur Tagung wurde ich überrascht. Befürchtungen, dass dafür mühsam nach Anhaltspunkten, Beispielen und Akteuren gesucht werden muss, haben sich nicht realisiert. Die Digitalisierung, der neue Megatrend, hat schon seit einiger Zeit die Entwicklungspolitik erfasst. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) verabschiedete 2017 eine digitale Agenda. Ein Schwerpunkt ist Digitalisierung in Afrika. Am 14. Und 15. Dezember 2018 startet mit Unterstützung des BMZ die re:publica Accra, um den Dialog zu Digital-Themen zwischen Deutschland und Afrika zu stärken und die Schnittmengen von Digitalisierung und Entwicklungszusammenarbeit zu nutzen. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) setzt bei vielen Projektkooperationen weltweit auf digitale Ansätze und hat ein Toolkit zur Digitalisierung entwickelt, in dem innovative Instrumente und Projekte vorgestellt werden.

Auch in der entwicklungspolitischen Bildungs- und Lobbyarbeit in Deutschland tut sich einiges. Über die globalen Auswirkungen der Digitalisierung ging es bei einer Tagung in Stuttgart. Am 6. und 7.September 2018 wurde in Münster über die „Digitale Agenda 2030“ und die Bedeutung für die entwicklungspolitische Projektarbeit diskutiert. „Digitale Dividende“ – ein leeres Versprechen?“ lautet der Titel einer Podiumsdiskussion bei Brot für die Welt am 10. Oktober 2018 in Berlin. Die Auswahl zeigt, dass die digitale Agenda Teil der entwicklungspolitischen Agenda ist.

Was bedeutet der digitale Wandel für das Engagement der Menschen, die sich für eine globale gerechte Welt und die Umsetzung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen einsetzen? Sind die entwicklungspolitischen Akteure ausreichend darauf vorbereitet? Oder braucht es mehr Austausch und digitales Lernen, um die Veränderungen zu verstehen und die neuen Möglichkeiten besser für die eigenen Aktivitäten gestaltend zu nutzen? Meine Erfahrungen aus Gesprächen, aus Internet-Recherchen und Studien lassen vermuten, dass es zwar viele innovative Ansätze gibt, aber die Wirkung noch zu wenig in die Breite geht. Drei Beispiele sollen dies verdeutlichen.

Online-basierte Engagement-Formate: Zeitlich befristete und online umsetzbare Projekte kommen der Lebensrealität und den Kompetenzen vor allem junger Menschen entgegen. Online-Volunteering gewinnt an Bedeutung und ist ein Element eines modernen freiwilligen Engagements. Plattformen wie youvo.org oder der United Nations Volunteers bringen Freiwillige und soziale Projekte zusammen. Vielen Engagierten sind die Möglichkeiten des Online-Volunteering nicht bekannt. Auf der Nachfrageseite nutzen bisher nur wenige Gruppen und Vereine solche Plattformen für Online-Volunteering zur Unterstützung der eigenen Arbeit.

Innovative Formen der Finanzierung: Crowdfunding, Sponsoring, Online-Spenden sind wichtiger werdende Finanzierungsquellen, auch wenn sie nicht die klassischen öffentlichen und privaten Fördermittelgeber der Entwicklungspolitik ersetzen. Um die Potentiale des Crowdfunding erfolgreich zu nutzen, braucht es aber Erfahrungsaustausch und gegenseitiges Lernen. Ein Workshop des Berliner entwicklungspolitischen Ratschlags (BER) zu „Alternatives Fundraising – mehr als ein Lückenfüller“ widmet sich diesem Thema. Wäre es nicht sinnvoll, solche Angebote auszuweiten, um mehr Engagierte zu erreichen?

Aufbau digitaler Kompetenz: Wie sich die Digitalisierung in Non-Profit-Organisationen auswirkt, wird im BBE-Newsletter Juni 2018 diskutiert. Autor Frieder Olfe plädiert dafür, die Digitalisierung nicht auf Technik und Daten zu reduzieren oder allein auf die Nutzung neuer digitaler Kommunikation-Tools zu fokussieren, sondern sie vielmehr als Kultur-, Organisations- und Strategieaufgabe für Non-Profit-Organisationen wahrzunehmen. Das Bewusstsein für den Veränderungsbedarf sei zwar im Non-Profit-Sektor vorhanden, so das Ergebnis der Studie „Digitalisierung in Non-Profit-Organisationen“, an der er mitgewirkt hat. Es bestehe aber Bedarf, die digitalen Kompetenzen durch Weiterbildungsangebote zu stärken und den Austausch zwischen großen, etablierten und jungen, innovativen Organisationen zu fördern.

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