Wissen vermitteln über Kinderrechte und Umweltschutz mit RadiJojo!

Nicole Wilden 0 Bildung Didaktik FEB Grundschule Jugend Jugendhäuser Kinderrechte Medien Radio Schulklassen Schulpartnerschaft SDG

Am 13. Februar ist der Internationale Tag des Radios, der an die Macht und die wechselhafte Geschichte des beliebten Mediums erinnert. Das Radio übernimmt aber auch eine wichtige Informations- und Bildungsfunktion. Nicole Wilden vom Kindermediennetzwerk Radijojo! erzählt im Interview, wie Audioformate und ihre Produktion für die Wissensvermittlung und die internationale Zusammenarbeit genutzt werden können.

Am 13. Februar ist der Internationale Tag des Radios, der an die Macht und die wechselhafte Geschichte des beliebten Mediums erinnert. Das Radio übernimmt aber auch eine wichtige Informations- und Bildungsfunktion. Nicole Wilden vom Kindermediennetzwerk Radijojo! erzählt im Interview, wie Audioformate und ihre Produktion für die Wissensvermittlung und die internationale Zusammenarbeit genutzt werden können.

Die Autorin im Gespräch
Nicole Wilden. Foto: privat

1. Frau Wilden, Sie arbeiten als Projektleiterin bei dem gemeinnützigen Kindermediennetzwerk RadiJojo! Was können Sie uns über das Netzwerk, seine Schwerpunkte und Ziele erzählen?

Radijojo arbeitet seit fast 20 Jahren mit Kindern und Jugendlichen zu Themen wie Kinderrechte, Umwelt, Bildung, Gesundheit, Familie und Frieden. Wir bieten Kindern in Deutschland und weltweit die Möglichkeit, sich aktiv an der Programmgestaltung zu beteiligen. In Schulen arbeiten wir vornehmlich in Form von Projekttagen und -wochen. Unsere Ziele und Aufgaben sind Globales Lernen, Friedensarbeit, Kinderrechte, SDG, Integration und Inklusion – jeweils in Kombination und durch kindgerechte Medien umsetzen und bekannter machen. Unser weltweites Netzwerk besteht aus Non-Profit-Organisationen, Community-Radios, aber auch Schulen. Generiert beziehungsweise kennengelernt haben wir diese durch die Teilnahme an internationalen Kindermedien-Summits, aber auch durch die Mitgliedschaft in anderen Netzwerken wie zum Beispiel der Anna-Lindh-Stiftung oder dem Community-Radio Netzwerk Amarc. Wir organisieren die Zusammenarbeit mit den Partnern im Globalen Süden und den Schulen in Deutschland, in denen wir Projektaktivitäten anbieten. Lehrkräfte, die an einem Workshop in ihren Klassen interessiert sind, können sich bei Radijojo, gerne aber auch direkt bei mir melden.

2. Was wird von den Teilnehmenden bei Projekten von RadiJojo! als Herausforderung wahrgenommen und was wird häufig als Mehrwert empfunden?

Wir arbeiten in Klassenverbänden an Grundschulen. Eine besondere Herausforderung ist es, jedes Kind unabhängig von seiner Persönlichkeit und seinen Lernvoraussetzungen zu integrieren und für die jeweilige Thematik, also Kinderrechte oder SDG, zu interessieren. Bei den Kinderrechten ist das ziemlich einfach. Bei den SDG kommt es vor allem auf den Einstieg an. Den Begriff „Ziele für nachhaltige Entwicklung“ verwenden wir anfangs gar nicht. Wir erarbeiten die Thematik zunächst mit Fragen wie: „Was brauchen Menschen, um gut und gesund leben zu können?“ Oder: „Was sind für dich die größten Probleme auf der Welt?“ Das heißt, die Didaktik ist sehr wichtig.

Als Mehrwert sehen die beteiligten SchülerInnen, aber auch die Lehrkräfte, die Produktion der Radiosendung. Auch die Zusammenarbeit und der Austausch mit Kindergruppen in Ländern des Globalen Südens wird positiv wahrgenommen.

3. Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Schulklassen und den Partnern im Globalen Süden? Welche Rückmeldungen bekommen Sie dazu von den Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern?

In den meisten Fällen ist es so, dass wir Partner aus unserem Netzwerk ansprechen und fragen, ob Interesse an einer Zusammenarbeit im Rahmen einer Projektwoche, die wir in einer Schule in Deutschland anbieten, besteht. Die Partnerorganisationen werden für die Kooperation nicht von uns bezahlt, arbeiten also quasi ehrenamtlich mit uns zusammen beziehungsweise agieren im Rahmen ihrer eigenen Projekte und Ressourcen. Da kommt es also erstmal darauf an, ob das Thema und der vorgesehene Zeitraum passt. Wenn ja, werden während der Projektwochen Briefe, Fotos und manchmal auch kleinere Videos zu dem jeweiligen Thema ausgetauscht. Dazu kommen Videokonferenzen mit der Schulklasse in Deutschland und der Kinderpartnergruppe im Globalen Süden. Im Idealfall arbeiten wir mit den SchülerInnen parallel am gleichen Thema und bieten die gleichen oder ähnliche Aktivitäten an, dazu gehören auch kleine Radiobeiträge, die im Partnerland und in Schulen in Deutschland produziert werden und in die gemeinsame Radiosendung einfließen. Das heißt zusammengefasst, dass der Austausch normalerweise allein über Radijojo erfolgt. In ganz seltenen Fällen gibt es bereits eine bestehende Schulpartnerschaft, die genutzt werden kann.

Auffällig ist, dass früher einzelne von uns organisierte Kooperationen noch durch Lehrkräfte der jeweiligen Schulen nach Abschluss der Projektwochen fortgesetzt wurden. Das ist jetzt nicht mehr der Fall, leider. Das Interesse ist zwar grundsätzlich groß, aber offenbar sind die personellen Ressourcen hier inzwischen sehr begrenzt. Die Rückmeldungen von SchülerInnen und Lehrkräften zu dem Austausch mit Partner im Globalen Süden sind aber durchweg positiv.

So werden neben vielen Unterschieden auch immer viele Gemeinsamkeiten ausgemacht, das kann sich auf Essen, Sport, Musik oder den Alltag beziehen. Und es gibt aus Sicht der SchülerInnen in Deutschland auch immer wieder Überraschungen, zum Beispiel dass Kinder aus Indien, Chile, Ruanda oder Ägypten über die behandelten Themen – also Kinderrechte, Umwelt, SDG – oft genauso gut oder besser Bescheid wissen.

So banal es klingt: Viele an den Workshops teilnehmende Schülerinnen und Schüler hier zeigten sich oft erstaunt darüber, dass überhaupt eine Möglichkeit besteht, mit Kindergruppen, vor allem in afrikanischen Ländern, über Skype oder Zoom zu sprechen. Sie sind davon ausgegangen, dass es dort kein Internet gibt. Der Hinweis, dass die Digitalisierung in vielen Ländern zum Teil sehr viel weiter fortgeschritten ist als in Deutschland, hat sie sehr überrascht. Es herrscht also nach wie vor oft eine von Klischees geleitete Vorstellung über Alltag und Lebensbedingungen in den Ländern Afrikas, Asiens und Südamerikas, die vor allem geprägt ist von Armut, mangelnder Bildung und Rückständigkeit. Es ist wichtig und ja auch im Sinne unserer Projekttätigkeit, diese Stereotypen und Vorurteile aufzubrechen.

4. Warum eignen sich Audioformate – wie Radiosendungen – für Kinder und Jugendliche, um Wissen über die Agenda 2030 aufzubereiten, dabei zu lernen und anderen zu vermitteln?

Wir arbeiten im Rahmen des Projektes, das vom Förderprogramm Entwicklungspolitische Bildung (FEB) von Engagement Global gefördert wird, vor allem mit Grundschulen zusammen. In den meisten Bundesländern also bis zur Klassenstufe vier, in Berlin und Brandenburg bis zur Klassenstufe sechs. Zusammengefasst: mit sehr jungen Kindern. Und sehr junge wie auch ältere Kinder, aber auch Teenager, konsumieren Medien in erster Linie nur. Wenn es aber darum geht auf der anderen Seite zu stehen, selbst etwas zu machen, ist die Angst sehr groß: sich zu zeigen, etwas zu erklären, eine Meinung zu vertreten.

Wir werden immer mal wieder gefragt, ob wir nicht auch Videos machen können. Das gestaltet sich aber schon bei Vorstellungsvideos für die Kinder im Partnerland oft als schwierig: „Lieber nicht, ich möchte so nicht gesehen und gehört werden, ich könnte ja etwas falsch machen.“ Audios sind da einfacher. Die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler lernen direkt am Anfang der Projektwoche den Umgang mit der Aufnahmetechnik und bekommen eine Einführung in den Audioschnitt. Das heißt, sie erkennen sehr schnell, dass es leicht ist, zum Beispiel Versprecher oder inhaltliche Fehler zu korrigieren. Das hilft ihnen dabei, sich auch zu komplexeren Themen wie der Agenda 2030 zu äußern. Dazu kommt, dass sie durch diese mediale Umsetzung die angesprochene Thematik nochmal vertiefen können. Das gelingt durch die Produktion von kleinen Radiobeiträgen, aber auch mit Straßenumfragen. In den Umfragen wird das Wissen der Menschen auf der Straße zu den SDG oder Kinderrechten, aber auch länderkundliche Informationen abgefragt. Für uns ist das ein Gradmesser, wie viel die beteiligten Kinder in der Woche gelernt haben. Denn oft werden sie gebeten, die entsprechenden Sachverhalte zu erklären, die PassantInnen nicht oder nur bedingt kannten. Dies ist vor allem bei den SDG der Fall.

Ein weiterer Aspekt der Eignung von Audio-/Radioformaten ist zudem, dass sie leicht und auf vielen Kanälen verbreitet werden können – über unsere Partnerradiosender, zudem über Podcast-Plattformen und Websites. Dies unterstützt auch den Wunsch der beteiligten Kinder, bestehende Missstände und Probleme einer breiteren Öffentlichkeit näherzubringen.

5. Ihre Projekte werden unter anderem vom Förderprogramm Entwicklungspolitische Bildung (FEB) unterstützt. Was bedeutet das für Ihre Arbeit und wie wirkt es sich auf diese aus?

Die Förderung durch FEB trägt dazu bei, dass wir den Schulen in Deutschland verlässlich unsere Projektaktivitäten anbieten können. Wie schon erwähnt arbeiten unsere Partner im Globalen Süden ehrenamtlich mit uns zusammen beziehungsweise im Rahmen ihrer eigenen Kapazitäten. Durch die Unterstützung durch Engagement Global können wir aber langjährige Kooperationen aufbauen und gemeinsame, regelmäßige Projekte im Rahmen unserer Workshops in Deutschland umsetzen.

6. Gibt es einen produzierten Beitrag, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Ja, das ist schon etwas länger her – eine Radiosendung, die wir anlässlich des Internationales Tages gegen Kinderarbeit produziert haben. Mitgemacht haben eine Berliner Schulklasse und Organisationen in Pakistan, Indien und Nepal, die sich für die Umsetzung der Kinderrechte einsetzen, Kinder aus Arbeitsverhältnissen befreien und die Reintegration in Familie und Schule unterstützen. In der Sendung sind auch zahlreiche ehemalige KinderarbeiterInnen zu Wort gekommen, die über ihr Erlebtes, aber auch über ihre Wünsche für die Zukunft berichtet haben. Sie alle waren froh, dass sie eine Stimme bekommen haben. Der Austausch erfolgte über Briefe und Videokonferenzen, zudem haben wir mit allen beteiligten Kindern einen gemeinsamen Song produziert – „Rights from the Start“. Darin wurden auch einzelne Artikel der Kinderrechtskonvention zitiert. Die Sendung wurde auf Englisch produziert und von Community- Radio-Stationen weltweit ausgestrahlt.

Weitere Informationen

Zur Website des ASA-Programms

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