Solidarisch Wissen teilen

Thomas Schinkel 0 Entwicklungszusammenarbeit Förderung nachhaltiges Bauen

Architekten über Grenzen e.V. ist ein Zusammenschluss von Architekten, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen zum Nutzen für Menschen einsetzen möchten, die in wesentlich schlechteren Verhältnissen leben. Thomas Schinkel erzählt uns, wie der Verein andere Nichtregierungsogranisationen qualifiziert.

Aus der Praxis: Architekten über Grenzen bieten mit Unterstützung von PFQ Expertise zum Thema Bauvorhaben. Foto: istock/laflor

Engagement Global: Welche Qualifizierung bieten Sie für andere Nichtregierungsogranisationen an?

Thomas Schinkel: Architekten über Grenzen bietet NGOs für deren Bauvorhaben im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) und Katastrophenhilfe (KH) umfassende fachspezifische Unterstützung. Aspekte der Nachhaltigkeit stehen im Vordergrund. Sehr wenige Organisationen verfügen über eigene Baufachleute. Das führt schnell dazu, dass wichtige Aspekte übersehen werden mit der Folge von Nachteilen und Risiken für die Nutzer bis zum Verlust baulicher Anlagen. Daher möchten wir bereits im Vorfeld Projektverantwortliche für die vielen unterschiedlichen Aspekte (Risiken - Potenziale) sensibilisieren, die bei der Projektierung von Baumaßnahmen wichtig sind:

  • Nutzung lokaler Ressourcen (Materialien, Sonne, Wind, Wasserkraft, Biomasse); 
  • Nutzung lokaler Fachleute/Architekten und traditioneller Bautechniken;
  • Berücksichtigung nationaler/lokaler Baustandards, Mindeststandards;
  • Werkzeuge zur Korruptionsvermeidung, Resilienzansätze, Contextual Planning;
  • Mindeststandards für Behindertengerechtes Bauen und
  • Trinkwasser-, Sanitärversorgung, Abwasserreinigung, Hygiene.

EG: Was war der Auslöser (Motivation, Hoffnung), diese Qualifizierung anzubieten?

Thomas Schinkel: Seit Gründung unseres Vereins haben wir immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Vereine und ihre Projektverantwortlichen mit sehr viel Engagement und gutem Willen anspruchsvolle Projekte entwickeln, ohne über die notwendigen Mindestvoraussetzungen zu deren erfolgreicher Durchführung zu verfügen. Das hat immer wieder zu erhöhten Kosten, langen Verzögerungen und Mängeln bei baulichen Einrichtungen geführt. Im Extremfall können die Projektziele verfehlt werden. Aus diesem Grund ist es uns ein wichtiges Anliegen, Angebote zu einer baufachlichen Kapazitätsförderung anzubieten. Dafür möchten wir mit Veranstaltungen, Publikationen und mit dem Aufbau einer Internetplattform Angebote bereitstellen. Wir hoffen einen Beitrag zu leisten, dass die unbestreitbar wichtigen Projektziele vieler guter Initiativen so gut wie möglich erreicht werden können.

EG: Hatten Sie bereits Erfahrung in der Konzeption von Seminaren?

Thomas Schinkel: Vor unserem ersten PFQ-geförderten Fortbildungsprojekt hatten wir unregelmäßig Seminare zur Fortbildung unserer eigenen Mitglieder und Vorbereitung auf die Projektarbeit angeboten. Seit 2015 führen wir nun mit Unterstützung von Engagement Global unter dem übergeordneten Thema Nachhaltiges Bauen in der EZ und KH eine Veranstaltungsreihe für Akteure in der EZ und KH durch. Unser Partner humantektur hat bei der inhaltlichen Ausrichtung und der organisatorischen Umsetzung von Anfang an eine wichtige Rolle gespielt. Die zweitägigen Veranstaltungen mit Vorträgen, Workshops und Diskussionen zum Wissensaustausch mit und zur Fortbildung von Mitarbeitern privater Hilfsorganisationen übersteigen deutlich unsere bisherigen Aktivitäten. Erst mit der Projektförderung können wir ein größeres Zielpublikum (große/kleine NGOs) erreichen. Das Ziel ist, den Wissensaustausch und Fortbildung anzuregen. In mittlerweile fünf Veranstaltungen wurden grundlegende Fragen zur Durchführung von Bauprojekten behandelt wie Methoden zu Vorbereitung, Durchführung, Monitoring komplexer Planungs-und Ausführungsprozesse.

EG: Welche Rückmeldungen haben Sie von den Teilnehmenden erhalten?

Thomas Schinkel: Das bisherige Echo und die Rückmeldungen waren durchweg sehr positiv. Gerade der Schwerpunkt auf die Praxis mit Vorstellung von konkreten, sehr unterschiedlichen Projektbeispielen und den positiven wie negativen Erfahrungen wurde sehr geschätzt. Bei vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern hat das den Wunsch geweckt, bei Folgeveranstaltungen eigene Projekte vorzustellen und anschließend zu diskutieren. Wir haben das gerne aufgegriffen. Dies hatte den gewünschten Effekt zu einem Austausch auf Augenhöhe, jeder konnte sich aktiv einbringen. Eine strikte Trennung von Inputgebern und bloß passiven Zuhörern konnte gar nicht entstehen. Gerade die Mischung unterschiedlicher Veranstaltungsformate an einem Tag (Vortrag, Workshop, Plenum, Abschlussdiskussion) wurde sehr gerne angenommen.

EG: Welchen Nutzen haben die Seminarteilnehmer aus der Qualifizierungsmaßnahme gezogen?

Thomas Schinkel: Die Seminarteilnehmer konnten an Hand der vielen Beispiele und Herangehensweisen ihren Wissens- und Erfahrungshorizont erweitern und sehen, wie andere Akteure an ähnliche Aufgaben herangehen. Die gesammelten Erfahrungen konnten sie unmittelbar für ihre eigenen aktuellen, künftigen oder bereits abgeschlossen Projekte nutzen. Darüber hinaus boten sich viele Gelegenheiten in den Pausen und nach den Veranstaltungen, zweckdienliche Kontakte für weitere Zusammenarbeit und kontinuierlichen Austausch zu knüpfen, zum Beispiel als Projektpartner.

EG: Welche positiven Effekte haben sich für Ihre Organisation ergeben?

Thomas Schinkel: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es bei den vielen Akteuren in der EZ und KH immer noch viel Bedarf aber auch großes Interesse an einem baufachlichen Wissensaustausch gibt, ebenso an Einrichtungen, die hier Angebote bieten. Hier können wir durchaus eine bestehende Lücke füllen und fühlen uns darin bestätigt in dieser Richtung weiterzuarbeiten. Während der Veranstaltungsreihe hat sich herausgestellt, dass ein starkes Interesse besteht, die fachspezifischen Themen und Inhalte zu sammeln und allgemein zur Verfügung zu stellen. Deshalb arbeiten wir aktuell am Aufbau einer Internetplattform für Wissensvermittlung und Weiterbildung zum Thema Nachhaltiges Bauen in der EZ und KH. Einige Organisationen zeigten Interesse, beim Aufbau und Betrieb eines Netzwerkes zusammenzuarbeiten. Dies ist durchaus ein Novum und lässt uns hoffen, dass künftig in der EZ und KH weniger autark gearbeitet wird und Synergien besser genutzt werden können.

EG: Wurden Sie während der Antragstellung für PFQ-Förderung beraten? Welche Hilfestellung erhielten Sie von Engagement Global?

Thomas Schinkel: Ohne die Unterstützung des PFQ hätten wir diese Fortbildungsarbeit nicht beginnen und nicht in dem erforderlichen Umfang leisten können. Die Hilfestellungen bei der Antragsbearbeitung waren professionell, engagiert und immer der Sache dienlich. Ohne die Geduld und das Verständnis für die Ziele des Förderprojekts wären wir wahrscheinlich nicht dazu gekommen, die Veranstaltungsreihe zu beginnen und bis heute fortzuführen.

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