weltwärts in Deutschland statt Ruanda

Sarah Eikermann 0 Ehrenamt Entwicklungszusammenarbeit Weltwärts

Sarah Eikermann wollte nach ihrem Abitur im Sommer 2020 raus aus ihrem kleinen Dorf im nordrhein-westfälischen Dörentrup und rein in ihr weltwärts-Abenteuer nach Ruanda. Doch wegen der Corona-Pandemie begann sie ihren Freiwilligendienst im September 2020 in Deutschland, an einer Sekundarschule in Minden, an der sie die Lehrkräfte unterstützt und die Nachmittagsbetreuung der Kinder mitgestaltet. Im Interview berichtet Sarah von ihrem Dienst in Deutschland und ihren nächsten Schritten.

Sarah Eikermann
Sarah Eikermann

Warum hast du dich für weltwärts entschieden?
Als ich vor einem Jahr auf der Suche nach einer Organisation war, mit der ich für ein Jahr ins Ausland gehen kann, bin ich über eine gute Freundin auf die VEM (Vereinte Evangelische Mission) gestoßen. Letztendlich habe ich mich auch für diese Entsendeorganisation entschieden, da mir beispielsweise das Auswahlverfahren für Bewerberinnen und Bewerber oder auch die Art und Weise der Finanzierung des Jahres sehr gefallen hat. Erst da habe ich erfahren, dass die Kosten zu einem großen Teil vom weltwärts-Programm getragen werden und zu einem kleineren Teil von Spenden.


Wie hat sich das angefühlt, nicht ausreisen zu können?
Es ist ein komisches Gefühl, immer wieder zu hoffen, dass man dieses Jahr vielleicht doch noch ausreisen kann und dann immer wieder aufs Neue die Nachricht zu bekommen, dass der Zeitpunkt der Ausreise weiter nach hinten verschoben wurde. Letztendlich kam die Nachricht, dass eine Ausreise für diesen Jahrgang nicht mehr möglich sein wird. Es ist ein ständiger Wechsel zwischen Hoffnung und Enttäuschung gewesen, aber mit der Zeit wurde die Enttäuschung immer weniger, da ich mich in gewisser Weise auf die nächste Verschiebung bzw. auf die Absage einstellen konnte.


Inwieweit hat Corona deine Pläne durchkreuzt?
Corona hat meine Pläne in so weit durcheinandergebracht, dass sich meine Zukunftspläne, so wie es aktuell aussieht, um ein Jahr nach hinten verschieben werden. Ich werde wahrscheinlich versuchen, nächstes Jahr, also im Jahr 21/22, ins Ausland zu gehen und dann ein Jahr später mit dem Studium anzufangen.


Wie hat deine Entsendeorganisation reagiert?
Im Mai 2020 wurde meine Ausreise auf Ende Oktober 2020 verschoben und kurze Zeit später wurde mir mitgeteilt, dass eine eventuelle Ausreise im Februar 2021 stattfinden kann. Für die Zeit des Wartens bis zur Ausreise konnte ich meinen Freiwilligendienst schon in Deutschland anfangen. Im Oktober kam dann leider die Nachricht, dass eine Ausreise für diesen Jahrgang nicht stattfinden wird. Uns Freiwilligen der VEM wurde angeboten, dass wir unser Auslandsjahr in den nächsten drei Jahrgängen ohne Bewerbungsverfahren nachholen können. Über dieses Angebot freue ich mich persönlich sehr und ich finde es auch sehr gut, dass man mir jetzt schon mitgeteilt hat, dass eine Ausreise für 20/21 nicht mehr möglich ist, sodass ich mich jetzt schon darum kümmern kann, was ich nach meinem Freiwilligendienst ab März machen werde.


Wie engagierst du dich jetzt und was sind deine Aufgaben?
Meine Organisation hat den Freiwilligen angeboten ihren Freiwilligendienst schon in Deutschland anfangen zu können und eventuell im Ausland fortzuführen. Dieses Angebot habe ich angenommen und arbeite seit Anfang September in einer Sekundarschule im Kreis Minden. Dort begleite ich eine sechste Klasse in ihrem Alltag und bin ab und zu auch in anderen Klassen im Unterricht dabei. Im Unterricht besteht meine Aufgabe darin, die Lehrer zu unterstützen, den Kindern bei ihren Aufgaben zu helfen oder auch Streitereien zu klären. Am Nachmittag bin ich zusammen mit einem anderen Freiwilligen in der Nachmittagsbetreuung. Dort spielen wir mit den Kindern, die erst später nach Hause fahren, weil ihre Eltern beispielsweise noch auf der Arbeit sind.


Inwieweit hat deine jetzige Arbeit mit dem geplanten Freiwilligendienst zu tun?
Mein jetziger Freiwilligendienst unterscheidet sich von der Arbeit, die ich in Ruanda getan hätte, nicht all zu groß. Dort wäre ich auch in einer Schule gewesen und hätte den Lehrern geholfen. Der größte Unterschied ist, dass ich in Ruanda wahrscheinlich an zwei Schulen gearbeitet hätte und den Schülerinnen und Schülern Englischunterricht ohne eine anwesende Lehrkraft hätte geben dürfen.


Was hast du bisher aus deiner Zeit als Freiwillige mitgenommen?
In meiner bisherigen Zeit an der Schule konnte ich schon verschiedene Erfahrungen machen. Ich habe gelernt, offener und selbstsicherer an neue und unbekannte Situationen heranzugehen und mir vorher nicht so viele Gedanken darüber zu machen. Es ist unglaublich interessant wie unterschiedlich Kinder sein können und auch wie unterschiedlich sie auf die Lehrer reagieren. Eine der ersten Beobachtungen, die ich machen konnte, war, dass es nichts bringt, wenn man als Lehrer laut wird und anfängt rumzuschreien und Strafen zu verteilen. Lehrer, die ruhiger sind, die ihren Unterricht ansprechend gestalten und auf die Späße der Kinder eingehen, haben einen besseren Draht zu den Schülern und können so eine angenehmere Atmosphäre im Klassenzimmer schaffen. Mir ist wichtig geworden. auf die Kinder einzugehen und ihre Wünsche und Bedürfnisse wahrzunehmen.
Es fällt mir immer noch sehr schwer, mich bei den Kindern durchzusetzen, da ich für sie keine richtige Lehrerin bin und gleichzeitig ein engeres Verhältnis zu ihnen habe als die Lehrer. Bis jetzt habe ich noch nicht die richtige Balance zwischen den zwei Bereichen gefunden und es ist manchmal auch ziemlich hart, von den Kindern nicht akzeptiert zu werden.
Im Großen und Ganzen macht es mir trotz der anstrengenden Phasen unglaublich viel Spaß mit den Kindern zusammenzuarbeiten und beobachten zu können wie sie sich verändern und wie sie denken. Ich freue mich auf die nächsten Monate und bin gespannt, was noch alles passieren wird und welche Erfahrungen ich noch sammeln werde.


Wie sehen deine Pläne nach deinem Freiwilligendienst aus?
Da mein Freiwilligendienst in Deutschland maximal ein halbes Jahr gehen wird, werde ich wahrscheinlich das zweite halbe Jahr arbeiten, um Geld für mein Studium zu verdienen. Vielleicht kommt es zu einer Ausreise im Sommer 2021 und ich würde mein ausgefallenes Auslandsjahr sehr gerne nachholen. Für danach plane ich, Internationales Grundschullehramt in den Niederlanden zu studieren.

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