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Workshop zur Kunst der Workshopgestaltung

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Gemeinsam mit den Freunden der Erziehungskunst organisierte die Ideenwerkstatt Bildungsagenten im Februar 2015 in Brück bei Berlin eine Fortbildung zum Leiten von Workshops zu entwicklungspolitischen Themen. Knapp 20 ehemalige Freiwillige nahmen daran teil, erarbeiteten sich Themengebiete für eine menschliche Globalisierung und entwickelten Konzepte für neue Schul- und Unterrichtsformen.

Die Bildungsagenten
Die Bildungsagenten

Von einem guten Freund wurde ich vor kurzem zu einem Seminar der Bildungsagenten eingeladen, bei dem es ein Wochenende lang um die Kunst der Workshop-Gestaltung gehen sollte. Da mich alternative Lernmethoden sehr interessieren sagte ich kurzentschlossen zu. Ich konnte nicht ahnen, welch einen scheinbar unerschöpflichen Schatz an Inhalten, Kooperationsmöglichkeiten und Projektideen mir dieses Wochenende eröffnen würde, und so freue ich mich sehr, meine anhaltende Begeisterung nun mit euch teilen zu können, indem ich euch diese Truppe einmal vorstelle.

Die Bildungsagenten sind ein Netzwerk von zumeist studierenden jungen Menschen, die Bildungsarbeit zum Thema Globales Lernen organisieren und realisieren wollen. Viele von ihnen haben mit dem staatlich geförderten Programm weltwärts einen Freiwilligendienst in sozialen Bereichen in sogenannten Entwicklungsländern geleistet und möchten die Eindrücke und Ideen, die sie dabei gesammelt haben, nun weitergeben. Es sind jedoch alle willkommen, die sich mit der Motivation und den Zielen der Bildungsagenten identifizieren können und sie in fruchtbaren Projekten umsetzten wollen.

Doch wie sieht das Ganze denn konkret aus? Zum Beispiel werden Impulsvorträge und thematische Gespräche an Schulen, auf Seminaren oder auf Konferenzen angeboten, um Menschen neue Denkanstöße zu geben und sie dadurch anzustiften, sich über die Hintergründe globaler Probleme zu informieren und tätig zu werden. Dabei geht es zum Beispiel um Fragen zur Verteilungsgerechtigkeit, zur Welt-Ernährungsproblematik oder zu wirtschaftlichen Strukturen wie Fair-Trade oder dem Finanzsystem. Weitere Themen, die es kritisch zu reflektieren gilt, wenn Mensch WeltbürgerIn werden möchte, sind das Bildungssystem, der eigene Konsum, Rassismus, Macht, Ökologie, eben alle Inhalte, die sich mit der Frage beschäftigen, wie wir unsere globalisierte Welt gestalten wollen, durch unser Verhalten, aber auch auf institutioneller Ebene. Diese Impulse sollen dazu anregen, den Aufgaben der Gesellschaft, also unseren Aufgaben kreativ und kooperativ entgegen zu treten und es durch ein erlebtes Verständnis der Hintergründe und Handlungsoptionen auch zu können.

Die Bildungsagenten singen und tanzen
Die Bildungsagenten singen und tanzen

Um die Energie dieses Willens zu kanalisieren haben die Bildungsagenten eine stolze Sammlung von Spielen, Moderationstechniken, Tipps zur Projektentwicklung usw. angelegt, mit deren Hilfe es auf höchst interaktive und produktive Weise möglich ist, sich auch als Gruppe weiter mit den angesprochenen Inhalten und den eigenen Vorstellungen dazu auseinanderzusetzen. Auf ihrer Internetseite www.bildungsagenten.com kann sich jede_r dieses inspirierende MethodenWiki ansehen. Was nützt schließlich Motivation, wenn sie nicht auf ein Ziel gerichtet wird, auf eine Vision einer besseren, gerechteren oder vielleicht lustigeren Welt?

Die Bildungsagenten im Workshop diskutieren
Die Bildungsagenten im Workshop

Facettenreiche Workshops mit viel Freiraum für eigene Gedanken und Ideen sind deshalb ein weiterer wichtiger Aspekt der Arbeit der Bildungsagenten. Dieses Angebot richtet sich an Schulen, aber auch an Gruppen jeglicher Größe und jeglichen Alters, denn es geht nicht nur um globales und ganzheitliches, sondern auch um lebenslanges Lernen mit Kopf, Herz und Hand.

„Wir wollen Menschen inspirieren, ganz gleich in welchen Positionen sie arbeiten, ob als Chef im Autokonzern oder als Schulkind, ihre Gestaltungsmöglichkeiten zu entdecken und zu Wandel-Agenten zu werden, für die positive Entwicklung der Welt“, so Helmut Wolman, der Initiator der Initiative, der die „Ideenwerkstatt Bildungsagenten“ vor drei Jahren gegründet hat.

Das Seminarhaus "Die Frida"
Die Frida

Zum 3-Jährigen Jubiläum luden die Bildungsagenten Rückkehrende aller Entsendeorganisationen in das brandenburgische Dorf Brück ein, zu einer Fortbildung, über die im folgenden berichtet wird.

Unser Seminarhaus, zu dem alle am Freitagabend anreisten, lag etwas abseits von Berlin in der Mark Brandenburg, in einem sonst eher verlassenen Dorf namens Brück. Die Tramper von der A9 sowie die Zugreisenden aus Berlin schafften es dennoch alle pünktlich um 17 Uhr da zu sein und wir begannen uns und unser Seminarhaus, „die Frida“, kennenzulernen. Die Frida ist ein kleiner alter Bauernhof, der in der DDR als Konsum (Lebensmittelladen) gedient hatte und nun von Jona und Markus schöngemacht und zu einem Friedenszentrum umgebaut wird, wo Yoga, gewaltfreie Kommunikation und eben so etwas wie die Bildungsagenten einen Platz zum Wachsen haben. Noch ist alles etwas rustikal, die winterlichen Temperaturen wurden aber erfolgreich mit Feuerholz und Kuscheln bekämpft. Und das ist auch das Schöne, denn obwohl genügend Platz für 20 Personen ist, bleibt alles irgendwie klein und überschaubar, sodass diejenigen, die in der Küche helfen oder in der Sofaecke ausruhen gleichzeitig am Programm teilnehmen können, da die kleine Küche gleich an den Seminarraum angrenzt.

Den Plan für das Wochenende erarbeiteten wir gemeinsam am Freitag, jedoch passte er sich auch ständig an die Gruppe und das wachsende Interesse für bestimmte Themen an. Freitagabend stellten wir die Freunde der Erziehungskunst, die Ideenwerkstatt Bildungsagenten und insbesondere Ideen³ vor, denn die Bildungsagenten sind ein Teil dieses bunten Vereins zur Gestaltung von Räumen für Entwicklung und wollen Räume an Schulen schaffen, in denen sich globales Bewusstsein und Menschlichkeit entwickeln kann.

Tafel mit aufgepinnten Zetteln
Ein guter Workshop hat 5 Elemente: Orientieren und Kennenlernen – Erfahrungsaustausch der TN – Analyse von Fakten – Handlung im eigenen Leben – Reflexion und Feedback

Samstagmorgen ging es gleich nach dem gemütlichen Frühstück mit der „Kunst der Workshopgestaltung“ von Helmut Wolman los. Gemeinsam sammelten wir zunächst Elemente wie Praxisnähe und Warm-Ups, die einen guten Workshop ausmachen, aber auch Gefahren, wie „Osterhasenpädagogik“ oder zu lange Inputs, die es zu umschiffen gilt. Im zweiten Teil hörten wir einen Youtube-Vortrag von Andreas Schleicher, auch genannt „Mr. Pisa“, in dem er einige interessante und mutige Ansätze für eine neue Bildungslandschaft nennt und entwickelten daraus unsere eigenen Visionen für die Schule der Zukunft. Schlussendlich hat der Workshop sein Ziel erreicht: alle fühlen sich ermutigt, den Zwang des Besserwissens abzulegen und als freier Künstler in Schulen und in Workshops über das Darstellen globaler Zusammenhänge eine selbstgestaltete und friedliche Weltgemeinschaft zu fördern.

Schon während des Vormittags sind einige auf die „Wir-haben-es-satt-Demo“ nach Berlin gefahren und haben laut ihre Meinung zu Themen wie Genpflanzen, Massentierhaltung und dem Freihandelsabkommen TTIP geäußert, zu denen wir in der Frida friedlich geplaudert haben.

Tafel mit aufgeschriebenem Text
Wie treffen wir selber eigentlich Entscheidungen?

Am Samstagabend beschäftigten wir uns mit Markus Castro in seinem Workshop „Systemisches Konsensieren“ damit, wie die Leitung von Workshops bei wichtigen Entscheidungen an die Gruppe abgegeben werden kann, denn die Teilnehmenden wissen immer am besten, was für sie relevant ist. Und um zu wissen, ob wir jetzt lieber über TTIP reden sollen oder die ökologischen Probleme von Genmais, eignet sich systemisches Konsensieren hervorragend, denn dadurch wird klar, mit welchem Vorschlag die wenigsten ein Problem haben und somit, wofür es die breiteste Zustimmung gibt. 

Dieser Workshop hat auch dazu geführt, dass wir Bildungsagenten uns plötzlich stark damit beschäftigten, wer eigentlich hier die Entscheidungen fällt und wie wir das partizipativer gestalten können.

Tafel mit aufgeschriebenem Text
Kurzinput zu Machtkritik

Der Sonntag begann mit einem kleinen Workshop zu machtkritischem Bewusstsein von Max Schulte, wobei uns nochmal deutlich wurde, wie subtil der Einfluss von Macht eigentlich beginnt.

Daraufhin wurde es für uns konkret, denn wir beschäftigten uns mit Projektideen und kommenden Workshops wie den „Oasen-Spielen“, „Transition Stadtspaziergängen“ und der Ausarbeitung des „Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte“ im Auswärtigen Amt. Aus der Frage, wie wir mit den Gedanken von Pegida umgehen sollten, entstand eine neue Regionalgruppe in Dresden.

Mit einem Spaziergang schlossen wir unser Themenwochenende ab. Wie immer war es viel zu kurz, um die vielen Ideen ausreichend zu vertiefen, dadurch aber spannend und bewegend für alle, die dabei waren und insgesamt wunderschön.

Großartige Unterstützung für ihre Arbeit bekommen die Bildungsagenten von ihrem Trägerverein Ideen3 , von weltwärts, von den Freunden der Erziehungskunst Rudolf Steiners und von Spendern, die helfen das globale Lernen so vielen Menschen wie möglich zugänglich zu machen.

Wenn du auch Lust bekommen hast, deine Erfahrungen einzubringen und deiner Vision einer schöneren Welt ein Stück näher zu kommen oder du dich einfach für die angesprochenen Themen interessierst: Melde dich und werde Bildungsagent!

Fotos: Chocco Johanna Samberger und Helmut Wolman

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Dominik Karch

Das Seminar klingt wirklich nach viel Spaß! Finde es sehr wichtig auch den Aufbau von Seminaren gemeinsam zu untersuchen, und möglicherweise diesen zu verbessern.

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